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Am 3. November 1760 fand bei Torgau an der Elbe die letzte große Schlacht zwischen dem preußischen und dem österreichischen Heere statt. Der österreichische Oberfeldherr Daun hatte Anweisung aus
Wien, auf jeden Fall eine Schlacht zu wagen, Friedrich der Große seinerseits mußte angreifen, wenn er nicht der Kontrolle über Sachsen, Schlesien und Brandenburg verlustig gehen wollte, wo ihn
allenthalben insbesondere auch ein russisches Heer bedrohte. Daun erwartete in halbwegs gesicherter Stellung auf verschanzten Hügeln mit 43 000 Mann die Armee unter Friedrich, welche 44 000 Mann
zählte; für den Fall einer Niederlage und des Rückzugs ließ Daun zu dessen Sicherung seinen Unterfeldherrn Lacy mit weiteren 22 000 Mann in Verbindung mit dem linken Flügel seiner Streitmacht gegen
den Fluß hin bei der Torgauer Brücke und drei Schiffbrücken stehen. Friedrich teilte seinerseits ebenfalls seine Streitmacht in der Absicht, die Österreicher selbst mit 28000 Mann im Rücken anzugreifen,
während Zieten sie, wenn sie geschlagen wären und sich zur Flucht wendeten, mit den ihm zugeteilten 16 000 Mann in die Elbe zu treiben, zu vernichten und den Rest gefangen zu nehmen. Den gesamten
Plan verriet der König aus Sicherheitsgründen diesmal nicht einmal seinen Generälen, deren Rat er sich ausdrücklich verbat. Unter ungeheueren Opfern, nachdem etwa 13 000 Preußen und 20 000
Österreicher gefallen, verwundet oder gefangen waren, mußte sich Friedrich, der selbst verwundet worden war, gegen Abend zurückziehen. Die Österreicher verdankten ihren Erfolg, den sie trotz
ihrer Übermacht von 43 000 Soldaten in geschützten Stellungen gegenüber den angreifenden 28 000 Preußen nicht errungen hätten, hauptsächlich dem Umstand, daß beiseite stehende Kanonen und
Kartätschen, als die Preußen im Rücken erschienen, zufällig gerade richtig standen, um sie damit zusammenzuschießen. So fielen hier in kurzer Zeit Tausende der besten Soldaten der Welt, Friedrichs
unschlagbare Grenadiere. Nach Einbruch der Dunkelheit nun ließ Zieten, der sich, den ganzen Tag über sich an den Befehl Friedrichs haltend, abzuwarten, bis der den Feind geschlagen hätte, bereit- und
frischgehalten hatte, (ohne Befehl, da ja die Schlacht zuende und der Oberfeldherr gerade zu seinem Strohsack zurückgeleitet wurde) endlich angreifen, obgleich er sah, daß der Feind keineswegs in die
Flucht geschlagen worden war. Seinen Reitern und den gesammelten Resten der geschlagenen preußischen Infanterie sollte nun die Wende der Schlacht gelingen. Und dabei geschah eine denkwürdige
Episode. Der General von Hülsen nämlich, ein 67jähriger Greis, der vor Alter und früheren schweren Verwundungen nicht mehr gehen konnte und dem alle seine Pferde weggeschossen worden waren, ließ sich
auf eine Kanone setzen und so in das Feuer ziehen, um nur ja die Schlacht an Ort und Stelle leiten zu können. In diesem Geiste unbezwingbaren Mutes und glühender Vaterlandsliebe, wie man sich
bis vor Kurzem ausdrückte, wurde damals auf preußischer Seite gekämpft - »unendlich kleine Gegenstände«, der »vernünftigen Verachtung wert, welche uns die Kenntnis eitler und vorübergehender
Dinge einflößt, die Geizige und Ehrgeizige so hoch halten, weil sie dieselben für fest und dauerhaft halten!«, wie der philosophierende König am 18. Januar 1762 aus Breslau an seinen Freund, den Marquis
d'Argens, schreibt. Welche geheuchelte Distanz zu seinem Werk, das doch wenigstens so einschneidend die spätfeudale Welt veränderte, daß es einen schlesischen Gutsbesitzer bewog, eine Verschwörung
anzuzetteln mit dem Ziel, diesen König, der in seinem Herrschaftsbereich die Willkür des Landadels empfindlich beschnitt, für die Untergrabung des Despotismus büßen zu lassen.
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