Geistphilosophisches Privatissimum
Hans Imhoff
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Imhoff 1967/68  



Aufsätze aus den Jahren 1967/68
Gesammelt erschienen im Euphorion Verlag 1972

Dramatik

Für Bazon Brock

Seit der Heros oder das moralische Prinzip - wie übrigens schon bei Schiller - jeden Sinn verloren hat, sind die Begabungen am Werk einer Erneuerung des Theaters.

Solange man renoviert, bleibt die Sache im wesentlichen anerkannt. Und was bleibt, ist die Dramatik - bei wachsender Einsicht in das Fehlen des Gegensatzes zwischen Person und Sittlichkeit.

Eine konsequente Theorie muß denn auch, wenn sie den hohen Grad gesellschaftlicher Integration reflektiert, in welcher jedes desintegrative Moment die integrative Totalität vorantreibt und in dieser Funktion aufgeht, zunächst auf die unmittelbore Reproduktion verfallen; und das um so mehr, als die Produktion der Lebensbedingungen in der Form der Reproduktion des Lebens sich unendlich wiederholt in den industriellen Produktionsweisen, in mechanischer Reproduktion, die sich in der Reproduktion des Verbrauchs bis zur Zerstörung der Zerstörung ausgebildet hat.

Denn dort hat einzig die Reproduktion der Totalität einen Sinn, wo der hohe Grad von Integration die Differenz zwischen Totalität und ihren Opfern liquidiert hat. Gegen die Reproduktion der Reproduktion ist der Konsument nichts Anderes; er hat nur vermittelnde Funktion, aber es hängt von ihr alles ab.

Doch dieses Verhältnis ist selbst bloß Funktion politischer Macht auf einer hohen Stufe gesellschaftlicher Integration, und politische Macht - Herrschaft - reproduziert sich ihrerseits nur durch subjektive Mechanismen.

Nicht die ökonomische Reproduktion ist das Wesen der Totalität, sondern daß die Reproduktion durch subjektive Vermittlung geschieht und daß diese Vermittlung in Wahrheit eine der p o l i t i s c h e n T o t a l i t ä t ist. Die REPRODUKTION ist die der HERRSCHAFT.

Die höchste - konkreteste - Stufe totaler Integration ist die durch das Subjekt vermittelte; d.h. das Bewußtsein totaler Vermittlung im Subjekt ist das Maß seiner Integration. Der konkreteste Begriff ist die Subjektivität, die die objektiven Verhältnisse integriert hat: das soziale Wesen als Funktion des Machtapparats.
Die objektive Totalität ist nur dann nicht mehr Schicksal, wenn sie produzierbar geworden ist. Dies wird sie ABER NICHT durch die Techniken industrieller Produktion und ihre psychologischen und soziologischen Konsequenzen: durch die schönen Spiegelungen der Identität in sich.

Die objektive Totalität ist nur dann nicht mehr Schicksai, wenn ihre PRODUKTION DURCH DAS SOMATISCHE INTERESSE VERMITTELT ist.

Das somatische Interesse ist als die höchste Konkretion der gesellschaftlichen Vermittlungen zugleich die D i f f e r e n z von ihnen , stets Bedingung und Ziel der sich reproduzierenden Totalität.

Der dramatischen Kunst bleibt, nachdem sich das Aushandeln des Richtigen und Wahren erübrigt, DIE PROZESSE DER SPRACHBILDENDEN ORGANE ZU PRODUZIEREN, die die totale Vermittlung durch das somatische interesse: politischen Zwang und natürliche Zufälligkeit voll ausgebildet, aber ununterschieden enthalten.

Theater zu erneuern ist überflüssig wie das, was sich abspielen soll. Nur die Gebilde, die, ALS VERMITTLUNG DURCH PROZESSE IN ORGANEN, auf dem gleichhohen Niveau von Integration mit der gesellschaftlichen Totalität stehen, können jetzt Dramatik sein - DIE DIALEKTIK VON TOTALITÄRER FREIHEIT UND SUBJEKTIV SOMATISCHER UNFREIHEIT AUSTRAGEN.

Das Kriterium für die Qualität von Dramatik ist ihre Nähe zum hochintegrativen SchaffensPROZESS.