Geistphilosophisches Privatissimum
Hans Imhoff
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Würdigungsschreiben


des Dichters Hans Imhoff an Bazon Brock

(aus »Die Herablassung des Dichters, Des Celtes und Imhoffs Selbstkrönung 1491 - 1991)



Frankfurt am Main, den 28. Juli 1991


Liebster Bazon!


Ich habe wieder begonnen, Deinen Artikel zu lesen, der ein wahres Wunderwerk ist der Wahrheit, der Schmeichelei, der Verfälschung und der Freundesfangkunst à la Socrate, also der Klugheit à la Brock. Wieviel Du zu dem Gelingen meiner Selbstkrönung beigetragen hast, kann nur ich selbst ermessen; daß Du Dir damit die höchste Form des Dankes verdient hast, dessen sind sich alle beteiligten, insbesondere aber mein Stab, bewußt. Ich habe daher mit dem Generalgouverneur, dem es ganz besonders ernst damit ist, daß unsere Verbindung Früchte trage, vereinbart, den Dank an Dich und die Erinnerung an Deine Taten zur Institution zu machen. Auch darin nämlich wollen wir uns von der Welt unterscheiden, daß wir Brock nicht um seine Verdienste betrügen.

Ich zögere auch nicht, Deine Bedeutung für die Wiederbelebung der Dichterehrung mit der des Domitian zu vergleichen (wir begehen gerade das 1910. Jahr seines Regierungsantritts), dessen Stiftung der kapitolinischen Dichterwettkämpfe das Beispiel für den gesamten neueren, insbesondere Renaissance-Dichterkult bildete.

Du solltest aber ebenso, Freund Bazon, Dir das Schicksal dieses Princeps zur Warnung dienen lassen. Er führte einen Krieg gegen die Chatten, schaltete den Senat aus und verfolgte die Philosophen, nachdem er den Adel verärgert hatte, wofür er nach seinem Sturz der damnatio memoriae verfiel.

Wenngleich nur ein Scherz, springt eine gewisse Parallelität in die Augen. Wie gerne hätte ich Dir den Titel des Großherzigen verliehen und Dich, wie es alle schon erwarteten, den Tempelstufen genähert! Als ich aber im Zusammenhang mit der Logik meiner Selbsterhebung davon zu sprechen begann, versagte sich mir die Stimme - o wie genau meine neun Sinne arbeiten!

Deine alsbald vorgetragene Idee zur Sicherung meiner Existenz und Kraft - grundsätzlich darin fallierend, daß sie nicht meiner Souveränität dienlich wäre, sondern dieselbe aufheben müßte -, sosehr man darin das Signum Deiner Zuneigung erspähte, wurde sogleich als der Versuch identifiziert, meinen Sumpf auszutrocknen (wie unser witzigster in Anspielung auf meine Eigenschaft als rana rex sagte; und in klarer Erkenntnis davon, was Du von den Freunden hältst), und später als »unsäglich« klassifiziert.

Tatsächlich litt die Freude an Dir einen Augenblick durch die übliche Absicht der Welt, indem man einem sein Herz in demselben Moment entwendet, in welchem man sich entschlossen hat, ihn angemessen zu entlohnen und zu erhöhen, um ihn zu benutzen. (Einer äußerte bei der letzten Flasche, Du wollest der Priester sein und mich zum Opfer machen.) Und Dein Artikel verlor ein wenig an Glanz durch das Angebot, mein dürftiges auf Sand erbautes, durch die umher verstreut liegenden, die Stürme wenig abhaltenden Katen kaum geschütztes Herrenhaus mit einem Seitenflügel Deines Palastes zu vertauschen, wobei ich meine Seelen in den Kauf dreinzugeben hätte; er stellte sich dar als die glänzende Leimrute, so als hättest Du versprochen, einen den Aufwand aufwiegenden Fang heim zu bringen.

Wenn ich auch nicht die Augen davor verschließen will, daß - einmal vorausgesetzt, daß ich nicht mehr lange durchhalte und früher oder später ein neuer modus agendi gefunden werden muß - Maßnahmen erforderlich wären, mich für die Öffentlichkeit der Kulturindustrie zu reinigen, sollte es mir denn beschieden sein, darin zu überleben, und daß Deine Schritte und Vorschläge, dem Rechnung tragend, mir eine größtmögliche Rettung zuteil werden ließen, so ist doch immer noch zu fragen, wieviel ein gefallener Imhoff wert ist, der so viel aufwiegt, solange er nicht fällt.

So seltsam es klingt, meinen jetzigen Status zu verbessern würde mehr notwendig machen, als der reichste Staat aufzubringen imstande wäre. Und doch vermöchtest Du es, hoher Bazon, ohne daß es Dich viel kostete und ohne Deinen Vorteil außer acht lassen zu müssen, nämlich wenn wir das Richtige ergriffen. Dieses gilt es auszuforschen. Noch wissen wir nicht, welches die beste Art sein wird, wie wir uns künftig gegenseitig und im Interesse der gemeinsamen Sache förderlich sein können. Wenn wir auf dem komplizierten Terrain voranschreiten, wird manches erprobt werden müssen; nur in den Anstrengungen jetzt, da schon so vieles geleistet ist, nachzulassen, erscheint unstatthaft.

In diesem Zusammenhang möchte ich Dich daran erinnern, daß Du der Krönung in einer Arbeit gedenken wolltest. Und die Telegramme hast Du ordnungsgemäß abgeschickt? So bald wie möglich etwas von Dir zu hören erhofft sich

 

Dein Hans.